Als Bochum die „Szenehauptstadt Nr. 1“ war
Aus Die B§E-Story, mit freundlicher Genehmigung von ruhrbarone.de
1984 lernte Alex Schüler in der drei Jahre vorher eröffneten und heute immer noch existierenden Bochumer Zeche – dem ersten altindustriellen Gebäudekomplex, der im Ruhrgebiet zu einer Diskothek mit soziokulturellen Ambitionen umgenutzt wurde – einen anderen Noch-Studenten kennen. Dieser hatte, wie er selbst, auch schon erfolgreich einen Club etabliert. Bei seinem Verkauf war er jedoch so übervorteilt worden, dass ihm von seinem bis heute legendären Club für die Essener Punk- und New Wave Szene nur noch eine Garage voll mehr oder weniger gut erhaltenem Mobiliar übrig geblieben war. Sein Name: Hans-Joachim Hauschulz. Der Name des 1983 geschlossenen Essener Clubs: Logo.
Alexander Schüler und Hans Joachim Hauschulz verstanden sich, so unterschiedlich ihre Charaktere waren, ästhetisch und musikalisch auf Anhieb und bildeten für lange Zeit den kreativen Kern der wenige Jahre später gegründeten Logos-Gruppe. (> Die Entstehung des “Logos-Imperiums“)
Als erstes gemeinsames Projekt machten sie 1985, in diesem Jahr wurde das frühere Appel zum Zwischenfall, den ersten Szeneclub in der Innenstadt Bochums auf: Das neue Logo – gelegen in der Passage gegenüber der der Hans-Böckler-Straße zugewandten Seite des Rathauses – war nur fünf Fußwegminuten vom Bermuda3eck und speziell vom Sachs entfernt.
Im ihm gab man – im Gegensatz zu den sonstigen Ruhrgebietsclubs zu dieser Zeit – das Musikprogramm vor, um den Club zu definieren und so das gewünschte Publikum anzulocken. Im Falle des Bochumer Logo sollte das so gut funktionieren, dass der Laden nicht nur ausgezeichnet lief, sondern auch eine weit überregionale Bedeutung erlangte, indem er etwa mehrfach in Musikmagazinen, wie dem Kölner Spex, zum besten Club im Westen gewählt wurde. 1990 zeichnete die Zeitschrift Network Press das Logo, noch vor national renomierten Discotheken wie Omen/Frankfurt, Ufo/Berlin und Dorian Grey/Frankfurt als „bester Club Deutschlands“ aus und kürte den Resident DJ Ralf Odermann zum „besten DJ im Westen“.
Zu einer Zeit, als der Titel „Szene-Club“ noch einen besonderen Stellenwert hatte und nicht inflationär für einen x-beliebigen Tanzschuppen gebraucht wurde, pilgerte die tatsächliche Szene aus dem ganzen Lande ins Ruhrgebiet und feierte Woche für Woche immer samstags in dem mit kühlen Eisen- und Stahlmöbeln ausgestatten Kellerclub. Der typische Logo-Sound von Independent über Punk Rock, Wave und Hip Hop sorgte neben dem Einrichtungsstil und dem gemischt-exotischen Publikum für den echten Kult. Was hier passierte war musik- und ausgehtechnisch wegweisend.
Fast immer gingen die Nächte im Logo an den Wochenenden weit über die damalige Sperrstunde hinaus. Ab 6 Uhr morgens trafen nach durchfeierter Nacht die Logo-Gäste im Café Sachs ein und mischten sich hier mit Gästen aus dem Tarmcenter, Taxifahrern, sonstigen Nachtgestalten und Frühaufstehern. Eine ganz andere Art der „After Hour Party“ war so entstanden. Dabei traf die Bochumer Szene – und wer sich dazu zählen wollte – auf Nachtgestalten aus Düsseldorf und Köln, was dazu führte, dass die Stadtmagazine, aber auch Stern, Tempo und Wiener Bochum zur „Szenehauptstadt Nr. 1“ kürten.
Der Autor Peter Erik Hillenbach bezeichnete das Sachs damals als die „Mutter aller Szenenkneipen“ und schrieb: „Sachs. Eine Institution. Das Wohnzimmer der Szene seit Anfang der 80er. Am Pfeiler hing die Werksuhr mit dem runenhaften Sachs-Emblem, und zuverlässig wie Sachs-Motoren vertickten wir die Zeit und führten Regie über den Streifen, den wir da mitmachten. Die Alltagsnächte waren bierlachig schäferhundig vollmondig, und an den Sunday Mornings, wenn das Wochenende zur Halbzeit pfiff, kollidierten hier die Welten: Luden mit Hunden + Miezen + 500ern schäumten Mumm aus Eimern, Fraggles mit bunttoupierten Haaren verbargen ihre Spiralpupillen hinter Spiegelsonnenbrillen, und diese eine Tussi mit zuviel Chemie im Kopf knöpfte ihre Bluse auf, zeigte jedem ihre Titten und lachte und lachte…“